Weißes Salz soweit das Auge reicht in der Salar de Uyuni, dem weltweit größten Salzsee in Bolivien.

Mit dem Dachzelt in Amerika: „Freiheit macht süchtig“

769 Tage reisten die beiden Belgier Adriaan und Isabelle mit einem Dachzelt Adventure. Ihr schönsten Erlebnisse und was ihre Tipps und Tricks für das Leben als Dachzeltnomaden – bei Kälte wie bei Hitze – sind, lest ihr hier.

Denn für eine Dachzeltreise wie diese braucht es nicht nur das richtige Zelt, die passende Ausrüstung und eine tolle Route. Es braucht vor allem Zeit und ein wenig Reiseerfahrung. Was Adriaan und Isabelle auf ihrer langen Reise erlebt haben, wie sie bei der Planung der Route vorgegangen sind und was davon für euern nächsten Trip wichtig sein könnte, haben sie uns im Interview verraten.

CAMPWERK: Wie lange seid ihr mit unserem Adventure Dachzelt unterwegs gewesen?  

Adriaan & Isabelle: Wir haben uns 2018 auf den Weg gemacht und sind dann erst einmal eineinhalb Jahre durch Südamerika gereist. Dann mussten wir unsere Reise 2019 unterbrechen. Fast zwei Jahre konnten wir wegen der Pandemie nicht weiterreisen. Dann ging es zurück nach Amerika, allerdings in den Norden.

Welche Länder habt ihr während eurer Reise durch Südamerika besucht?

Nahezu alle Länder des gesamten Kontinents. Nur die beiden Guyanas (Anm. gemeint sind die Länder Guyana und Französisch-Guyana im Norden Südamerikas), Surinam und Venezuela haben wir nicht bereist. Costa Rica haben wir auch ausgelassen und sind mit dem Schiff von Kolumbien nach Mexiko übergesetzt.

Wie ging die Reise in Nordamerika weiter?

Von Mexiko ging es nach Kalifornien und immer weiter die Westküste entlang, bis hinauf nach Anchorage/Alaska. Von da sind wir weiter Richtung Südosten gereist. Die genaue Route haben wir in unserem Reiseblog festgehalten.

Für Nordamerika war euer grobes Ziel Alaska, dahin führte euch euer Weg. Doch wie hattet ihr eure Route durch Südamerika geplant.Wir hatten keinen Plan. Und genau das war das Schöne! Wo wir letztendlich waren, habe ich auch für Südamerika in unserem Reiseblog verzeichnet. Natürlich braucht man Zeit, um so zu reisen. Aber für uns ist das die schönste Art. Insgesamt haben wir rund 75.000 Kilometer in Süd- und Nordamerika zurückgelegt, sind durch 14 Länder gereist, haben auf 267 Campingplätzen und 264 Wildcampingplätzen geschlafen.Allgemein kann man sagen, dass Plätze, die von sehr vielen besucht werden – die, die auf Trip Advisor und im Reiseführer zu finden sind – nicht die richtigen für uns sind. Und nur wenn man sich treiben lässt und neue Wege ausprobiert, kommt es zu so besonderen Begegnungen und Erlebnissen wie damals in Ecuador.
Welche besondere Begegnung war das in Ecuador?Wir sind mit unserem Toyota auf der Suche nach einem Platz zum Übernachten eine unbefestigte Straße entlanggefahren. Aus Versehen sind wir dabei auf den Hof eines Hauses geraten. Wir wollten uns schon entschuldigen und weiterfahren, doch dann hat uns die Familie, Kakaobauern, eingeladen und gebeten zu bleiben. Am Abend hat uns unser Gastgeber frischen Kakao gekocht und ist am nächsten Tag aus Dankbarkeit in die Kirche gegangen. Wir sind zwar nicht in die Kirche gegangen, aber auch wir sind sehr dankbar für diese Begegnung und die Erinnerung daran.

Wunderbare Erlebnisse und unerwartete Herausforderungen in Amerika

Die Abendsonne taucht den Grand Canyon in rotes Licht. Mit Blick auf ein Naturwunder einschlafen: Das geht (fast) nur im Dachzelt.
Die Abendsonne taucht den Grand Canyon in rotes Licht. Mit Blick auf ein Naturwunder einschlafen: Das geht (fast) nur im Dachzelt.

Warum reist ihr am liebsten im Dachzelt?

Es ist die Freiheit, die alles ändert und die man so nur mit Dachzelt auf dem Autodach erlebt. Zusätzlich ermöglichte unser 4×4 Toyota auch an Plätze zu kommen, wo wir ganz allein waren. Das geht mit einem Wohnmobil nicht einfach so. Und das unterscheidet das Dachzelten von allen anderen Arten zu Reisen: Es gibt so gut wie keine Grenzen.

Wo ist euch dieses Gefühl der Freiheit am stärksten bewusst geworden?Die wohl schönste Nacht im Dachzelt war die an der Nordseite des Grand Canyon – genau die gegenüberliegende Seite des Haupt-Touristenziels. Dort haben wir mit Blick auf das Naturwunder in unserem Dachzelt geschlafen, nachdem die untergehende Sonne den Canyon in die schönsten Farben getaucht hatte. Das war unglaublich!
Aber es lief doch nicht immer alles glatt, oder?In den USA parken viele mit ihren Wohnmobilen an Supermärkten, wenn sie reisen. Da ist üblich und einmal hatten auch wir keine andere Wahl und mussten vor einem Walmart schlafen. Aber mit einem Dachzelt ist das nicht wirklich schön. Auch, weil wir ja keine Toilette im Zelt haben. Wichtig zu wissen ist auch, dass in Nordamerika auf manchen Plätzen das Campen manchmal nur erlaubt ist, wenn man „self-contained“ ist. Da sollte man drauf achten. (Anm. „self contained“ bedeutet, dass ein Camper mindestens drei Tage autark bewohnt werden kann, also auch über eine Toilette und einen Abwassertank verfügt.)

Tipps für Dachzeltnomaden und die nächste Reise

Wie hat das Dachzelt eine so lange Reise mitgemacht?

Das Zelt hat gut mitgemacht! Natürlich gab es einzelne Verschleißteile, die irgendwann etwas gelitten haben, aber wir lieben das Adventure Dachzelt. So sehr, dass wir uns für unsere nächsten Reisen jetzt die neue Generation des Adventures zugelegt haben. 

Unser altes Zelt hat die Reise ja nicht heile überstanden. Allerdings wurde das Zelt letztendlich auf der Rückreise nach Europa mit dem Schiff zerstört. Traurig war das!

Was ist auf dem Schiff geschehen?

So genau wissen wir das nicht, aber als wir das Auto mitsamt Dachzelt in Southampton wieder in Empfang nehmen wollten, stellten wir fest, dass die Bodenplatte und die Abdeckplane kaputt waren. Es sah so aus, als hätte jemand das Auto mitsamt Dachzelt mit großer Geschwindigkeit unter ein Vordach rangiert. Das war dann das Ende unseres treuen Begleiters.

Apropos Verschleißteile: Welche Tipps habt ihr für Langzeitreisende?

Egal ob Auto oder Dachzelt: Wüstenstaub, Hitze und die UV-Strahlung machen selbst dem hochwertigsten Material irgendwann zu schaffen. Und so waren es die Reißverschlüsse, die sich irgendwann mit dem feinen Staub nicht mehr arrangieren wollten und nur noch sehr vorsichtig geöffnet und geschlossen werden konnten. Das PVC-Fenster wurde irgendwann auch „blind“ und wurde von uns ausgetauscht. Außerdem habe ich mir immer Sorgen darüber gemacht, was wir tun sollen, wenn wir mal eine der Aufstellstangen für die Fenster verlieren sollten. Mein Tipp ist daher, dass man immer ein Paket mit den wichtigsten Ersatzteilen dabeihaben sollte. 

Auf 4000 Metern kann es ganz schön kalt werden: Isabelle genießt die Weite in Peru bei minus 10 Grad trotzdem.
Auf 4000 Metern kann es ganz schön kalt werden: Isabelle genießt die Weite in Peru bei minus 10 Grad trotzdem.

Ihr seid durch alle Klimazonen gereist. Wie seid ihr mit Hitze und Kälte zurechtgekommen?

Ja, wir sind durch die kalten und windigen Wüsten Patagoniens gereist, waren auf 4.750 Metern Höhe im  tropischen, aber kalten Bolivien, am Strand in Brasilien, in den Regenwälder des Amazonas und in der schwülen Hitze in Cartagena: Wir haben alles gesehen. Und dann ging es noch nach Mexiko und ins kühle Alaska.

Isabelle schläft schlecht, wenn es auch nachts über 28°C bleibt. In den Tropen bleiben nur die  Moskitonetze geschlossen, so dass der kleinste Windhauch für Abkühlung sorgen kann. Wenn es windstill war, haben wir einen Ventilator benutzt. Ich kann immer schlafen, aber in kalten Regionen (unter 5°C) kostet es mich Mühe, morgens aus dem warmen Zelt zu kommen, um das Frühstück zu machen. Wenn es 0°C oder kälter war, sind wir zuerst gefahren und haben dann gefrühstückt. In kalten Regionen sind das Innenzelt und die Lüftungsmatten im Adventure sehr wichtig. Die machen wirklich einen sehr großen Unterschied!

Was könnt ihr abschließend über eure bisher längste Reise sagen?

Freiheit macht süchtig! (lachen)

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